Kapitel 61

Er wachte auf, weil seine Hand eingeschlafen war. Weiße Schleier tanzten vor seinen Augen ihm war schummrig, sein ganzer Körper tat weh, aber nicht sehr, sein Durst war schlimmer. Er öffnete seine verkrampfte Hand und bemerkte staunend, dass er einen Schwertknauf in der Hand hielt. Runzelte die Stirn, versuchte zu denken, ließ es dann aber bleiben, denn mittlerweile war es dunkel geworden und kühl und er fröstelte. Ein Blick auf den sternenübersäten Himmel lenkte ihn ab. Er starrte hinauf und badete im sanften Silberlicht des Mondes. Es war etwas, was er lange nicht gesehen hatte; ein seltsamer Gedanke, über das Wundern darüber, schlief er wieder ein. Er erwachte, hörte ein leises Wassergeplätscher und er bekam unbändigen Durst. Er taumelte beim Aufzustehen, also ließ er es bleiben und kroch auf allen vieren dem Wasser entgegen. Den Schwertknauf ließ er nicht los, obwohl es unbequem war. Er tauchte sein Gesicht ins Wasser und soff wie ein Tier. Als er seinen Durst gestillt hatte, fiel er auf der Stelle in einen tiefen, traumlosen Schlaf.

Die alte Händlerin beugte sich über den schlafenden Mann, einen kleinen, aber scharfen Dolch in der Hand, bereit, jederzeit zuzustoßen. Sie rüttelte heftig an ihm, doch er zeigte keinerlei Reaktion. Tot war er nicht, auch wenn der erbärmliche Fetzen, der seinen mageren Körper bedeckten, sie zuerst hatte daran denken lassen. Seine Stirn hatte die richtige Temperatur, sein Puls und sein Atem gingen gleichmäßig. Er war jedoch außergewöhnlich blass. Ist doch immer dasselbe mit diesen ausländischen Hippies, schimpfte sie vor sich hin. Dann bemerkte sie etwas Glänzendes in seinem Haar. Ruppig zerrte sie daran, besondere Behutsamkeit schien ihr Zeitverschwendung, denn sie war sich sicher, dass er nicht aufwachen würde, egal was sie mit ihm anstellte. Sie stieß einen kurzen Schrei aus vor Überraschung, als sie den Reif, den sie aus seinem Haar gezerrt hatte, genauer betrachtete. Das ist ein gutes Geschäft, dachte sie, für mich das Gold, Kleidung und Essen für den Mann. Der von Palmen umstandene See bot reichlich Wasser, verdursten würde er so schnell nicht. Aus einer ihrer Packtaschen kramte sie hervor, was ihr angemessen schien: eine blaue Dschellaba, gebraucht, aber in guten Zustand, und ebensolche Sandalen. Sie breitete das Kleidungsstück wie eine Decke über ihm aus, zog in den Schatten. Dazu legte sie einen Beutel mit reichlich Brot, Datteln und Dörrfleisch und deponierte alles griffbereit in seiner Nähe. Mehr konnte sie nicht für ihn tun. Sie ergänzte ihren Wasservorrat und bestieg ihr Kamel. Sie wollte weiter, bevor es zu heiß dazu wurde. Außerdem war der Ort unheimlich, nicht nur des ohnmächtigen Mannes wegen. Sie war sich ganz sicher: Als sie das letzte Mal auf dieser Route geritten war, hatte es diese Oase nicht gegeben.

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