Montablu

Montablu war nicht einfach nur ein Gasthaus, sondern ein mittelgroßes Dorf, mit unterschiedlichsten Gebäuden für unterschiedlichste Zwecke. Es gab lauschige Parks und Gärten, die das Auge des Betrachters das ganze Jahr über erfreuten. Das Gelände wurde durchzogen von mehreren Bachläufen und es gab einen See, groß genug, um mit Booten darauf zu fahren. Das gesamte Gelände war umgeben von der obligatorischen Mauer, denn im Fürstentum Hulan fürchteten sich die Menschen vor den Geistern der Nacht. Es war Unsinn, natürlich, ein lächerlicher Aberglaube, nichts weiter, jeder wusste das, aber trotzdem: jedes noch so kleine Gehöft hatte seine Mauer, wie dürftig diese auch immer sein mochte. Montablu verfügte selbstredend über eine stattliche Mauer, groß genug, dass man obendrauf spazieren gehen konnte.

Vor vielen Jahren hatte Fürstin Wadoma die Erste an diesem Ort die Sommermonate verbracht. Er lag gut drei Wegstunden vor den Toren Hauptstadt, inmitten eines großen Waldes. Fürstin Wadoma die Zweite mochte den Wald nicht, sie ließ ihre Sommerresidenz am Meer errichten. Im Laufe der Jahre etablierten sich in den aufgegebenen Gebäuden Lustbarkeiten aller Art: Freudenhäuser, Rauschgifthöhlen, Zirkushallen, Warenbörsen und vieles mehr. Fürstin Wadoma die Dritte, eine strenge Frau mit festen Vorsätzen, verfügte bald nach Amtsantritt, dass die Gebäude geräumt, gesäubert und verkauft wurden. Der bürgerliche Gastwirt Montablu bekam den Zuschlag und verwandelte die heruntergekommene Anlage in ein stattliches Luxusgasthaus.
Nun war es seit alters her Sitte in Hulan, dass Gäste von Adel kostenlos untergebracht und bewirtet wurden. Adlige Gäste waren für einen Gastwirt somit kein Grund zur Freude. Auch wenn Adlige das Ansehen eines Gasthauses erheblich vermehrten, so war es doch meist ein Verlustgeschäft. Montablu, ein gewitzter Kerl aus Überzeugung, ließ sich davon nicht abschrecken und hielt für die gleichermaßen hochherrschaftlichen wie anspruchsvollen Gäste extravagante Räumlichkeiten bereit.

Überall auf der ganzen Welt spielten die Menschen Adasas, ein Strategie- und Glücksspiel. In Hulan jedoch wurde es gespielt mit einer Leidenschaft, die seinesgleichen suchte. Das Spiel, mit den ersten Siedlern auf die Insel Fel gekommen, überlebte sämtliche Kriege, Katastrophen und Regierungswechsel. Ein Spiel konnte mehrere Tage oder gar Wochen andauern. Es war schon vorgekommen, dass ganze Familien über mehrere Generationen an ein und demselben Spiel teilnahmen. Oberstes Ziel war das Gewinnen, denn ein Verlieren hatte verheerende Folgen. Der siegreiche Spieler konnte entweder Adaskesch (Handkampf ohne Waffen um die Ehre) fordern oder den materiellen Besitz des Verlierers. Man wusste nie, was schlimmer war. Schon allein durch seine bloße Existenz war dieses Spiel eine permanente Gefahr, denn eine Aufforderung zum Spiel konnte nicht abgelehnt werden, zumindest nicht ohne dramatischen Verlust des gesellschaftlichen Ansehens. Andererseits stand das Spiel allen offen und jeder durfte jeden auffordern. Insofern sorgte Adasas für einen gewissen Ausgleich innerhalb der strengen Hierarchie der Fürstentümer. Das war sicher auch ein Grund, dass dieses Spiel seit hunderten von Jahren gespielt wurde.

Fürstin Wadoma die Dritte, eine Frau mit festen Grundsätzen, hatte Adasas kurzerhand verboten. Sie kümmerte sich nicht um den Vorwurf der Unehrenhaftigkeit, sondern beharrte darauf, dass ein Verbot dem Wohle der Allgemeinheit diene. Bald darauf tauchten die Gerüchte auf. Die Fürstin, so lautete eine Variante, habe mit dem Verbot einer avisierten Aufforderung zuvorkommen wollen, schließlich wusste jeder, was für eine lausige Spielerin sie war. Andere wollten gehört haben, dass sie fast das gesamte fürstliche Vermögen verspielt haben sollte. So und ähnlich wurde gemunkelt im ganzen Volk, immer kurz unterhalb einer Rebellion. Wadoma kümmerte sich nicht um das Geschwätz. Adasas blieb verboten. Die Fürstin unternahm jedoch nichts, als Montablu in seinem Gasthaus mehrere Adasas-Salons eröffnete, sondern verlangte nur, dass der Einsatz begrenzt werden müsse. Dies war ein geschickter Schachzug, denn zahlungsunfähige Spieler verwahrlosten innerhalb kürzester Zeit und wurden zum Problem für das Gemeinwesen. So kam es, dass in den Salons von Montablu ein Höchsteinsatz pro Spiel festgesetzt wurde. Auch wenn die Verluste dennoch zuweilen ruinöse Ausmaße annahmen, war das Risiko, Haus und Hof zu verspielen, zumindest ein wenig reduziert. Montablu führte außerdem ein, dass die Spielmarken mit Münzen oder anderen Wertgegenständen gekauft werden mussten, was ausnahmslos für jeden Spieler galt. Schuldscheine und Obligationen hingegen, der bislang übliche Einsatz, waren in Montablu nicht zugelassen. Auf diese Weise hatte Montablu geschickt und unauffällig seine Einnahmen gesichert. Der Adel murrte, denn es passte ihm nicht, beim Kauf der Spielmarken wie das gemeine Volk behandelt zu werden. Diese Praxis kam einer Rebellion gleich, manche sprachen gar von Hochverrat, aber letztendlich siegte die Leidenschaft fürs Spiel und alle bezahlten, ohne zu murren. Und zwar ausnahmslos jeder, denn nur auf diese Weise, so argumentierte Montablu, würde der grundlegende Charakter des Spiels nicht verfälscht. Und so war es weiterhin möglich, dass man sich mit einem satten Gewinn in eine bessere soziale Schicht einkaufen konnte.

Montablu stand oben an der großen Freitreppe und beobachtete am frühen Nachmittag die Ankunft einer Kutsche. Sie kam unzweifelhaft aus dem Fürstentum Tridiklon auf der anderen Seite des Gebirges. Die Menschen aus Tridiklon waren berühmt für ihren Reichtum und berüchtigt für ihre Spielleidenschaft. Bei dem Gedanken an den zu erwartenden Umsatz, den er mit den Neuankömmlingen machen würde, wurde Montablu ganz warm ums Herz.
Er zog energisch den Glockenstrang links neben dem Eingang und eilte die Freitreppe hinunter. Auf der untersten Treppenstufe blieb er stehen und verbeugte sich, nicht zu tief, denn das galt als unhöflich in Tridiklon. Als er sich aufrichtete, liefen Gepäckträger, Knechte und Stubenmädchen herbei. Der Haushofmeister folgte gemessenen Schrittes. Vom Kutschbock sprangen zwei prächtig livrierte Gefolgsmänner und drückten dem herbeieilenden Stallmeister die Zügel in die Hand. Aus dem Innern der Kutsche sprangen drei weitere Gefolgsmänner und halfen ihrer Dame beim Aussteigen. Montablu wartete, bis die Dame Kleider und Schleier geordnet hatte, dann trat er drei Schritte vor und neigte abermals den Kopf. Sie braucht Zofen, dachte er, eine Frau, nicht einmal eine Alisai, kann ohne Zofen sein.

„Willkommen, herzlich willkommen in meinem Haus“ rief Montablu heiter und breitete die Arme weit aus. „Tretet ein und lasst es Euch gut gehen! Vielfach Willkommen. Wenn Ihr Euch erfrischt habt, wird Euch ein Buchhalter in die Salons begleiten und Euch in die laufenden Spiele einweisen.“ Es stand für Montablu außer Frage, dass sie deswegen gekommen war.
„Was für Spiele?“ hörte er die Dame fragen.
„Adasas … natürlich!“ antwortete er verwirrt. So perplex war er, dass er jede Höflichkeit fahren ließ und Fragen stellte. „Woher kommt Ihr denn, dass Ihr Adasas nicht kennt? Selbst in den fernen Ländern jenseits des Ozeans ist Adasas bekannt. Seid Ihr denn nicht zur Eröffnung der Sommersaison gekommen?“
„Gestattet, ehrenwerter Gastwirt“, sagte einer der Gefolgsmänner, „ich werde spielen. Unsere Herrin hat ein Gelübde abgelegt, das ihr die Teilnahme an Lustbarkeit und Spiel versagt bis sie ihre Reise beendet hat.“
Daraufhin trat die Dame trat einige Schritte vor und sah Montablu streng ins Gesicht. „Führt nun mich und meine Gefolgsmänner in meine Gemächer, guter Mann, ich möchte mich erfrischen und zurückziehen.“ Der Wirt war ein stattlicher Mann und sie registrierte mit Genugtuung, wie seine Augen aufleuchteten. „Entschuldigt meinen Gefolgsmann, er ist verwirrt von der Anstrengung der Reise. Natürlich wird er nicht spielen, denn mein Gelübde schließt mein Gefolge mit ein. Informiert mich, falls einer meiner Männer versucht, am Spiel teilzunehmen. Ihr müsst wissen, sie sind erst neu in meinem Dienst und noch jung und manchmal vergessen sie ihre Pflicht. Ich hoffe doch, Ihr steht mir bei, denn ich habe sonst niemand, dem ich vertrauen kann.“ Sie hatte geflüstert, doch laut genug, dass DaRec es hörte. Leider hörte es auch DaRoc. Sie seufzte, als sie sein düsterer Blick streifte – das würde eine langatmige Ermahnung nach sich ziehen.
Doch erst einmal nahm sie was sich bot und legte sanft die Fingerspitzen auf den Arm des Wirts. An seiner Seite schwebte sie die Freitreppe hinauf. Hier war sie genau richtig. Sie war reich und schön und hier konnte sie alles erreichen was sie wollte.

„Das hier, Edle Alisai, sind Eure Gemächer. Sie liegen mit Rücksicht auf Euer Gelübde weit weg von Spielsalon und Ballsaal. Kein Lärm soll Euch stören. Eure Männer sind nebenan untergebracht.“ Er neigte höflich den Kopf und zeigte auf zwei Mädchen, die eben zur Tür hereinkamen. „Mabell und Orlana, sie sind die besten Zofen weit und breit, wenn Ihr zufrieden seid mit ihnen, kann ich sie Euch für den Rest Eurer Reise überlassen. Gestattet nun, dass ich Euch auf den Balkon führe, die Aussicht ist überwältigend, Ihr werdet sehen. Trinkt dort den Willkommenstrunk mit mir.“
Er füllte zwei bereitstehende Kelche mit dunklem Wein, dessen kräftiges Aroma sich schon beim Eingießen wohltuend auf DaiRas Stimmung auswirkte. So stimmte sie gnädig zu, riss sich den Schleier vom Kopf, ließ den Umhang auf den Boden fallen und trank ihr Glas in einem Zug leer. Montablu lächelte und füllte ihren Kelch erneut. Er mochte Frauen, die einen kräftigen Schluck hatten. Er hob sein Glas, trank selbst aber nicht. Über den Rand hinweg sah er sie offen an und sein Blick sprach all das aus, was Frauenherzen höher schlagen ließ. „Doch nun muss ich Euch verlassen, Edle Alisai aus Tridiklon, die Pflicht ruft. Ich überlasse Euch der sorgfältigen Obhut von Mabell und Orlana, die Euch garantiert jeden Wunsch erfüllen werden.“

DaiRa trank noch ein Glas Wein, während ihre Brüder nach und nach auf den Balkon traten.
„Sehr gut“, sagte DaRiv und nahm genüsslich einen tiefen Schluck aus dem unberührten zweiten Kelch. Er meinte weder den Geschmack des wirklich hervorragenden Weines und auch nicht die wirklich wunderbare Aussicht.
„Du kannst ihn haben“ antwortete DaiRa, „ich nehme jetzt ein Bad und dann gehe ich zu Bett, denn du weißt ja … mein Gelübde … .“
Als nächstes kam DaRic. Er nickte DaRiv zu und lehnte sich über die Brüstung. Er war der erste, der die Aussicht wirklich zu würdigen schien. DaRav gesellte sich zu ihnen und dann kam DaRec.
„Was hat ihr beiden euch eigentlich gedacht?“ schimpfte DaRoc, als er als letzter den Balkon betrat, „schlimm genug, dass DaiRa vergisst, was hier Volkssport ist, musst du dich auch noch in Szene setzen mit dem Ergebnis, dass euer kleiner Streit uns alle zur Bewegungsunfähigkeit verdammt. Wo ist sie überhaupt?“
„Sie badet“ informierte DaRiv „dann wird sie essen und dann schlafen. Das sollten wir auch tun, denn wir hatten wirklich eine weite Reise.“

Am nächsten Morgen war aller Zank vergessen, DaiRa und ihre Brüder saßen vergnügt beim Frühstück.
„Gut gemacht!“ lobte DaRiv seinen Bruder DaRoc, „du hast uns einen sehr schönen Platz ausgesucht. Übrigens konnte ich gestern den Wirt noch sprechen, und ich kann euch sagen, seid unbesorgt, wir hätten gar nicht besser unterkommen können. Dieser Ort dient nur dem Spiel und der Entspannung, und niemand interessiert sich für die Einhaltung von Gelübden, schon gar nicht der Wirt. Das einzig Auffällige ist, dass wir nicht spielen, aber auch das kommt gelegentlich vor. Ich täte es ja gerne, aber dafür haben wir leider keine Zeit, ist eine interessante Sache dieses Spiel, ethnologisch betrachtet. Solange wir uns an die hier geltenden Anstandsregeln halten, wird sich keiner um uns kümmern.“
„Und was sind das für Regeln?“ fragte DaRoc interessiert.
„Einfach und sinnvoll: Diebstahl, Mord, Vergewaltigung und Geschlechtsverkehr in der Öffentlichkeit sowie das Bestechen von Personal sind strikt verboten. Aber ob Gelübde eingehalten werden oder ob das Gefolge ein wirkliches Gefolge ist oder nur getarnte Liebhaber oder was auch immer, interessiert den Wirt nicht, solange niemand versucht, seine Dienstboten zu bestechen. Das Personal ist diskret, verschwiegen und Montablu gegenüber absolut loyal,“ berichtete DaRiv. „Alles in allem bedeutet das, das wir uns völlig frei bewegen können.“
Diese Nachricht versetzte vor allem DaRoc in heitere Stimmung und während er den Tagesplan machte, lächelte er vergnügt vor sich hin.

Am späten Vormittag machte sich DaRoc in Begleitung von DaRec und DaRic auf den Weg nach Hulan, das dortige Hafenviertel war ihr erklärtes Ziel. Bekanntermaßen konnte man in einem Hafen alles bekommen und alles erfahren; das galt immer und überall. DaRiv legte sich hin, denn er war rechtschaffen müde. Er hatte die Nacht in den Freudenhäusern der Hauptstadt verbracht. Je vornehmer die Häuser waren, umso besser waren sie geeignet, die Verflechtungen innerhalb der herrschenden Klasse zu entdecken. DaiRa verzichtete freiwillig, denn mit Matrosen saufen, das war schließlich Männersache. DaRav durfte nicht mit, denn er war für solche Zwecke Manns zuviel. Ein schiefer Blick, der vielleicht noch nicht einmal ihm galt, war ihm Grund genug, eine Prügelei anzuzetteln. Das war normalerweise nicht wirklich tragisch, aber unter den gegebenen Umständen konnte es sehr schnell tragisch werden. Er murrte zwar, sah es aber ein und hatte dann doch noch seinen Spaß, als er die Sporthalle entdeckte.

Stadt und Hafen waren geprägt von einem Gewirr mehrstöckiger Gebäude und zahllosen Docks. In der Stadt wohnten dauerhaft nicht mehr als ein paar tausend Menschen. Alle anderen, es waren ungleich mehr, waren ständig unterwegs. Der Hafen von Hulan schien ein weltweiter Warenumschlagsplatz zu sein. Natürlich waren die Seeleute zahlenmäßig allen anderen Berufsgruppen überlegen. Seemannsgarn wurde folglich kräftig gezwirbelt. Die drei Brüder verfolgten die Erklärungen des Stadtführers mäßig interessiert, der dennoch sein Bestes gab, denn die Herrschaften kamen aus Tridiklon, das sah er ihnen an und man sagte, dass der tridiklonische Herren mit Trinkgeldern entgegen der landesüblichen Gepflogenheit auffallend großzügig waren.

Mitril war die dritte Welt, auf der die sechs Geschwister nach Drachen suchten. Sowohl Brebliblok als auch Mandinga hatten sich als Fehlschlag erwiesen. Allmählich wurden sie ungeduldig, allmählich verloren sie den Spaß. Dass es keinen Spaß machte, lag einzig und allein an der aberwitzigen Auflage des Erweiterten Jaxulan, die für ihresgleichen so gefährlich war wie Russisches Roulette. Das hatte zunächst einen gewissen Reiz gehabt. Doch mittlerweile waren sie sich nicht mehr sicher, ob sich der Einsatz lohnte. Sollten sie auch auf diesem Planeten keine Drachen finden, war ein für allemal Schluss, so war es beschlossen.
DaRec und DaRic, die wenig sagten und gerne viel tranken, waren zufrieden, wenn sie auf diese Weise ihren bescheidenen Beitrag leisten konnten. Trinken und Zuhören war ein gutes Rezept, um andere am Tisch zum Reden zu bringen. DaRoc war derjenige, der fürs Zuhören zuständig war. Doch heute viel ihm das schwer, er hätte jetzt lieber geschlafen, aber er konnte die beiden nicht alleine lassen. Die Umstellung des Körpers in eine komplexe Gestalt strengte DaRoc enorm an, doch die üblichen Linderungsmaßnahmen durfte er nicht anwenden.
Was tun wir hier? fragte er sich, als er den schon beträchtlich schwankenden Brüdern hinterherschaute. Haben wir nicht alles, was wir brauchen? Können wir uns nicht alles beschaffen, was wir wollen? Können wir nicht alles haben, was immer wir uns vorstellen? Brauchen wir noch mehr? Wollen wir zuviel? Gedankenversunken war er stehen geblieben, sah erst im letzten Augenblick, wie die beiden hinter einer Ecke verschwanden. Unverzüglich rannte ihnen nach. Das fiel ihm schwer mit seinen zerrenden Gliedern und als er sie eingeholt hatte, atmete er heftig. Die beiden schauten ein wenig abfällig, aber er wusste nur zu genau, dass es morgen genau andersrum sein würde.
Hier braute man ein wunderbares Bier, mild im Geschmack, stark in der Wirkung. Zwei davon hatte er getrunken, das war unter den gegebenen Umständen mehr als ausreichend. Bestimmt wäre es besser, unverzüglich nach Montablu zuzukehren. Die beiden hatten schon mehr als genug, aber nun saßen sie schon an einem Tisch, große Krüge vor sich. Lächelnd dachte er daran, wie die beiden auf Madinga abstinent geblieben waren, denn dort wurde das nationale Rauschbedürfnis wurde mit einem Kraut befriedigt, das ihnen gleich beim ersten Versuch überhaupt nicht bekommen war. Auf Brebliblok hatte es nichts Derartiges gegeben; den intelligenten Insekten, die diese Welt beherrschten, fehlte die Zeit, um sich zu berauschen.

"... Götter, die ihre Anbeter mit ihrem Feueratem verbrannt haben, Götter die fliegen und aussehen wie riesige Uskidör, ich weiß es genau, meine Großmutter wurde in der Stadt, wo dies geschah, geboren, sie kam als junge Frau nach Hulan, warum habe ich vergessen, sie hat geheiratet und 12 Kinder gekriegt, sie war reich, sie konnte sich alle leisten, sie musste keines davon verkaufen, meinen Vater hätte sie besser verkauft, dann wäre ich vielleicht nicht geboren worden, er hat mir nichts hinterlassen, er hat alles durchgebracht, er war ein Seemann und Trunkenbold, so wie ich, ha, ha, ha, ... Prost ... und mein Bruder, der fährt auch zur See, der hat ein eigenes Schiff und..."
"Wie war das mit den Göttern?" fragte DaRoc scharf dazwischen, DaRec und DaRic glotzen stier wie Schafe.
"... sind alle gut verheiratet, haben nur wenig Kinder, keines fährt zu See, sind Kaufleute allesamt, wir riskieren Kopf und Kragen und sie sacken alles ein und ..."
"He, Seemann!" rief ihm DaRoc ins Ohr und packte ihn fest an der Schulter. "Wie war das mit den Feuer speienden Göttern?"
"Was'n los?" Der Seemann glotzte ihn verständnislos an, mindestens genauso hinüber wie die Brüder.
"Die Götter!“ DaRoc blickte ihm fest in die Augen. „Sag mir, was du von den feuerspeienden Göttern weißt! Jetzt! Sofort!" Das war ein Trick, keine Magie. DaiRa hatte es ihnen beigebracht, wissen die Seischinn, wo sie ihn aufgeschnappt hatte. Manchmal trieb sie sich an höchst eigenartigen Orten herum. Doch es funktionierte immer.
"Meine Großmutter hat mir davon erzählt ..." der Seemann sah DaRoc unterwürfig an, riss sich die Kappe vom Kopf, knetete sie ihn den Händen "... hoher Herr, alles was ich erzähle, ist die Wahrheit, so wie meine Großmutter sie erzählt hat, hoher Herr, es war ihn Yau, sie stammt von dort, meine Großmutter, und dort ist es vergessen, nur wenige wissen davon, doch es gab eine Zeit, weit in der Vergangenheit, da haben eines Tages die Götter ihre Anbeter mit ihrem Flammenatem verbrannt, die Götter allein wissen, welchen Frevel sie begangen hatten, dann später wurde die steinerne Stadt gebaut, so sagt man und seither gibt es dort keine Götter mehr, beim Blute meiner Großmutter, das ist die Wahrheit, hoher Herr ..." Er schnappte seinen Krug, nahm einen tiefen Schluck, knallte ihn auf den Tisch und verließ fluchtartig die Schenke.

DaRoc starrte ihm nach. Es hatte ihn einige Mühe gekostet, das Genuschel des Seemanns überhaupt zu verstehen, doch es hatte sich gelohnt. Sie hatten eine Spur, und die führte nach Yau, eine Stadt auf dem nordwestlichen Kontinent. Sie würden mit einem Schiff weiterreisen, bis nach Yaurien und dann weiter über Land. Yau lag im Norden, eine karge, heiße Gegend, wenig Kontakt mit dem Süden. Er sprach mit dem Wirt, drückte ihm ein paar Münzen in die Hand damit dieser dafür sorgte, dass die Brüder unverzüglich nach Montablu geschafft würden. Er selbst eilte zum nächsten Hafenbüro. Koste es, was es wolle, sie mussten so schnell wie möglich nach Yau.

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