Drachendämmerung

Es begann vor vielen tausend Jahren als die Drachen zahlreich, wild und unwissend waren. Wie alle anderen Lebewesen in dieser Zeit, zogen sie ihre Bahnen, auf nichts anderes bedacht, als ihren Hunger zu stillen und ihre Art zu erhalten. Unbeeindruckt von fernen Zukunftsvisionen befriedigten sie ihre Bedürfnisse, so wie es in ihren Genen festgelegt war. Und doch waren die Drachen ein wenig anders als die anderen. Nicht ganz so hungrig, nicht ganz so stumpfsinnig. Es gab einige unter ihnen, die in klaren Nächten die Augen zum Himmel erhoben und den Lauf der Sterne beobachteten. Sie waren es, die begabte Wissenschaftler aus dem Volk der Janima anlockten. Sie waren das Rohmaterial, das diese brauchten, um ihre Kunst auszuüben.
Als die Drachen nach hundertjährigem Schlaf erwachten, fühlten sie sich seltsam, denn seltsame Dinge waren geschehen und geschahen immer noch. Engel erschienen ihnen, ein jeder makelloser als der andere, so schön, dass sie weinten vor Glück. Der Augenblick vollkommener Seligkeit währte nicht lang, denn schon bald breiteten die Engelwesen ihre prächtigen Flügel aus und flogen davon. Lange sahen die Drachen ihnen nach. Erst als am Horizont das letzte Pünktchen verschwunden war, wandten sie ihre Blicke ab.

Viele Jahrhunderte später, als schließlich der größte Teil des Drachenvolkes die Erde verließ, waren die engelsgleichen Wissenschaftler, die ihnen einst so viel gegeben hatten, selbst in der Erinnerung der ältesten Drachen wenig mehr als ein blauer Schimmer.

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