Kapitel 7

Marianna schob mit dem Fuß die Zimmertür zu. Nun gab es kein Entrinnen mehr. Sie zog Alexander fest an sich und nahm sein Gesicht in beide Hände. Ganz sachte zog sie mit den Fingern die Form seiner Lippen nach, bevor sie genüsslich seinen unerfahrenen Mund zu küssen begann; spielerisch zuerst, dann mit wachsender Leidenschaft. Gebieterisch drängte sie mit der Zungenspitze zwischen seine Zähne, woraufhin er ungestüm seine Arme um ihren Nacken schlang und ihren Kuss rückhaltlos erwiderte. Vorsichtig strich er mit den Fingerspitzen über ihren Rücken. Als sie ihn schließlich für einen Moment freigab, lehnte er sich leise seufzend und mit geschlossenen Augen an die Wand. Seine erhitzte Haut prickelte wohlig. Scheu und doch voll schmerzlicher Sehnsucht, sah er sie an, berauscht, fast besinnungslos ihrer Weiblichkeit ergeben. Ihrer Kehle entfuhr ein gurrendes Stöhnen. Ihre Zungenspitze glitt über seinen Nacken hinterließ eine brennend heiße Spur. Zielstrebig fanden ihre Hände unter sein Hemd, wo seine Haut ihrer Hand entgegenfieberte. Ungestüm fuhr sie über seinen Rücken und tastete sich an seiner Wirbelsäule entlang bis zu seinem Hosenbund. Immer wieder küsste sie seine bereitwillig geöffneten Lippen und drängte sich tief in seinen Mund. Geschickt zog sie ihn aufs Bett, legte sich neben ihn und knöpfte ihm das Hemd auf. Tief bewegt und voller Inbrunst flüsterte er ihren Namen. Seine Hände, die noch nicht wussten, was sie zu tun hatten, lagen unbeholfen neben ihm. Da biss sie ihn unerwartet in den Hals. Als er sie bestürzt ansah, lachte sie nur und begann, ihn mit kleinen, spitzen Küssen um den Verstand zu bringen. Ihre Hände (stark & sehnig) versetzten seinen Körper in ein flammendes Inferno. Doch als sie den Reißverschluss seiner Hose mit einem entschiedenen Ruck nach unten zog, erwachte wieder seine Furcht, und er begann, sich ihrer zu erwehren. Sie hielt ihn jedoch hartnäckig fest und kümmerte sich nicht um seinen Protest, sondern beugte sich entschlossen über ihn. Ihre Hände glitten an seinem Körper hinab und gruben sich fast schmerzhaft zwischen seine Oberschenkel.
"Komm!" flüsterte Marianna drängend. "Sträub Dich nicht! Du willst es doch auch!" Das erregte Vibrieren seines Körpers verriet ihr mehr, als jedes Wort es vermocht hätte. Sie presste ihre Lippen auf seinen Mund und erstickte entschieden seinen Widerstand mit glutvollen Küssen.
Sie muss es schon viele Male getan haben, dachte Alexander, während ich ... Tapfer versuchte er, seine Furcht vor dem Unbekannten, die zusammen mit seiner Erregung immer mehr anwuchs, zu unterdrücken. Er ließ es zu, dass sie ihm Hose und Unterhose abstreifte. Irgendwie gelang es ihm dabei, sich seiner Socken zu entledigen. Nackt und reglos lag er vor ihr und starrte verschämt an die Decke, während sie ihn genau betrachtete.
"Du bist schön!" sagte sie leise, fast andächtig. "Wie für die Liebe geschaffen!" Sanft strichen ihre Fingerspitzen über jeden Zentimeter seines Körpers, wobei sie ihn weiterhin aufmerksam ansah und ihn zwischendurch an Stellen küsste, die noch niemals zuvor ein anderer Mensch berührt hatte. Dann ließ sie von ihm ab und riss sich mit raschen Bewegungen die Kleider vom Leib. Ihr schlanker, geschmeidiger Körper erschien Alexander im matten Kerzenschein wie eine Offenbarung aus Tausendundeinernacht. War es das, was er in seinen Träumen ersehnt hatte? War es das, was er insgeheim herbeigewünscht hatte? Diese erregenden Zärtlichkeiten, die nicht geradewegs auf ihr Ziel lossteuerten, sondern auf wunderbare Weise alle Bedenken und Ängste vergessen ließ? War es das? Mariannas Hände umkreisten seine schwellende Männlichkeit, strichen sanft aufwärts über seinen flachen Bauch, um dann über den Nacken zu seinem Rücken zu gleiten. Mit beiden Händen hob sie ihn sich entgegen, und ein Vulkan brach in seinem Körper aus. Er stöhnte laut, als unbändiges Verlangen in ihm erwachte. Willig überließ er sich Mariannas kundigen Händen, die trocken und heiß waren und eine seltsame Macht über ihn besaßen. Sie strich ihm das Haar aus der feuchten Stirn und sah ihn eindringlich an. Die Art, wie sie ihn betrachtete, gab Alexander das Gefühl, der schönste und begehrenswerteste Mann des ganzen Universums zu sein. Seine Angst verflog und wich einem unbeschreiblichen Glücksgefühl. Das Herz wollte ihm fast zerspringen vor Freude. Er begann heftig zu zittern, als sie sich auf ihn setzte. Doch kurz bevor er sich endgültig in der von ihr entfesselten Leidenschaft verlor, meldete sich eigenartigerweise die Moral seines Vaters zu Wort. Halt! schrie sein Gewissen und nahm nicht die geringste Rücksicht auf die Bedürfnisse seines Körpers. Halt! So durfte es nicht weitergehen! Mit schier unmenschlicher Anstrengung biss er die Zähne zusammen, um seinen erregten Atem unter Kontrolle zu bekommen. Der Versuch, ihr zu entkommen, war jedoch mehr als nur halbherzig. Sein Körper wollte, was sein Verstand nicht zulassen konnte und ohne es wirklich zu wollen, sprach sein Mund: „Wir kennen uns doch kaum ... wir sollten uns erst ... hör auf ... bitte! Nein ... nicht ... ich habe doch noch nie ... " Sein Körper bäumte sich auf. “Nein!" wie ein Schluchzen drang es aus seinem Mund. "Nein! Bitte nicht! Marianna! Bitte nicht!"
Doch umsonst; sie erhörte sein Flehen nicht, kümmerte sich nicht um seinen Protest. Sie war nicht gewillt, ihn jetzt gehen zu lassen und es war ihr ein Leichtes, ihn zu bezwingen. Mit einer geschickten Handbewegung streifte sie ihm ein rosafarbenes Kondom über und nahm ihn rücksichtslos in Besitz.

Alexanders Herz hämmerte wie verrückt. Sie zog ihn tief hinab in die unergründlichen Gefilde körperlicher Lust. Er spürte nur noch wilde Ekstase, die gewaltig durch seinen Körper pulste. Es war viel zu spät für die Bremsen der Moral. Er schloss stöhnend die Augen, als sie sich auf ihn legte so nah, so schwer, so fordernd. Marianna rollte ihn auf die Seite, nicht ahnend, dass ihn diese Stellung noch mehr reizte. Zu spät, viel zu spät! Ein gewaltiges Feuer tobte durch seinen Körper. Es war ein Feuer, das nur Marianna zu löschen vermochte. Gleichzeitig fühlte er, nicht weniger gewaltig, in seinem Herzen das kraftvolle Aufblühen einer ungeheuren Liebe; fast hätte er geweint vor lauter Seligkeit.
"Deine Haut ist wie das Fell einer Raubkatze, Schätzchen", gurrte sie entzückt, "geschmeidig und wunderschön."
Alexander ging unter in diesem Meer überschäumender Verzückung und war wild entschlossen, niemals mehr daraus aufzutauchen. Auf ewig wollte er sich darin treiben lassen. Niemals hätte er sich träumen lassen, dass ES so sein könnte. Mit Raffinesse und ohne unnötiges Zögern führte Marianna ihn auf den Höhepunkt zu, bis schließlich der Kosmos über ihm zusammenbrach und er fortgetragen wurde von einem übermächtigen Wirbelsturm unbeschreiblicher Wonnen. Wie aus weiter Ferne hörte er Mariannas hastiges Atmen. Mit beiden Händen tastete er nach ihrem Gesicht, hielt es fest und gab sich ganz ihrer Weiblichkeit hin. Sein Glücksgefühl steigerte sich ins Unermessliche, als sie in seinen Armen erbebte und einen befreienden Schrei ausstieß.

Als Marianna sich ganz ausgegeben hatte, lag sie schwer atmend auf ihm. Seltsam feierlich war ihm zumute, während er ihren Atemzügen lauschte und ihr Gewicht auf sich spürte. Er wünschte, diesen Moment für immer bewahren zu können. Doch da rollte sich Marianna auch schon von ihm herunter. Er spürte eine qualvolle Leere in sich erwachen; schon jetzt vermisste er sie schmerzlich und eine große Traurigkeit kam über ihn wie ein kalter Wasserguss.
"Marianna!" Bestürzt sah er sie an. "Marianna! ... ich ... Was haben wir getan?"
"Wir haben zusammen geschlafen", erwiderte Marianna lakonisch. Und irgendwann einmal wirst Du ein perfekter Liebhaber sein, setzte sie in Gedanken hinzu.
"Es ... es ... war das Schönste, was ich jemals erlebt habe! Weißt Du, ich hätte niemals gedacht, dass ... Ich liebe Dich!"
"Ich weiß", murmelte Marianna kaum hörbar. Sie lag entspannt und lang ausgestreckt auf dem Rücken und schenkte ihm ein reichlich träges Lächeln. Als sie seinen brennenden Blick bemerkte, streichelte sie begütigend über sein Gesicht. "Es war total genial, aber ich bin jetzt so müde. Ich muss mich unbedingt ausruhen!" Sie fuhr ihm nochmal leicht über's Gesicht. "Schlaf gut, träum was Schönes, Du kleiner Romantiker!" Mit schon halb geschlossenen Augen sah sie ihn an, bedachte ihn mit einem nachsichtigen Lächeln, drehte sie sich auf die Seite und schlief ein.
Alexander lag mit laut klopfenden Herzen neben ihr und kämpfte mit den Tränen. Es tat weh, sich eingestehen zu müssen, dass er keineswegs müde und erschöpft war. Aber es war zu spät, es ihr zu erzählen. Er wusste nicht, was er vermisste, doch etwas fehlte, etwas sehr Wichtiges, etwas, das er weder kannte noch zu benennen in der Lage war. Mit offenen Augen und traurigem Herzen lag er neben ihr und betrachtete andächtig und wehmütig zugleich ihren Rücken. Sie schlief ganz ruhig und nichts deutete darauf hin, dass sie vor wenigen Minuten noch ... Sie hatte von ihm Besitz ergriffen, seinen Körper zu glutvoller Sinnlichkeit angeregt, den träumenden Knaben zu einem verlangenden Mann gemacht und ... ihn dann allein zurückgelassen. Ganz vorsichtig, er wollte sie nicht wecken, schmiegte er sich behutsam an sie. Er hatte einen dicken Kloss im Hals und eine einzelne Träne stahl sich aus seinem Auge. Schließlich hatte der Himmel ein Einsehen und schenkte auch ihm erquickenden Schlaf und freundliche Träume.

Als Alexander erwachte, war er allein. Seufzend kuschelte er sich in die Decke, drückte seinen Kopf ins Kissen, sah verträumt aus dem Fenster und malte sich aus, wie sie zusammen den Tag verbringen würden. Kaffeeduft und leises Geschirrklappern kam durch die offene Zimmertür. Ein Windhauch bewegte sanft die bodenlangen
Fenstervorhänge und eine strahlende Aprilsonne kitzelte ihn an der Nase. Er hörte von irgendwoher Vogelgezwitscher und Klaviermusik und war unbeschreiblich glücklich. Er gab sich diesem Zustand hin, bis ihn das Klingeln eines Telefons in die Wirklichkeit zurückholte. Kurz darauf hörte er Mariannas Stimme. Mit einem Ruck richtete er sich auf. Nicht ohne eine gewisse Verlegenheit ließ er die schützende Bettdecke zurück und sammelte seine verstreut herumliegenden Kleidungsstücke ein. Mangels eines Kamms fuhr er sich mit den Händen durchs Haar, warf einen Blick in einen der zahlreichen Spiegel und ging beklommen aus dem Zimmer.

Marianna saß kaffeetrinkend und lesend am Küchentisch. Sie nickte ihm zu, freundlich zwar, aber auch nicht mehr. Alexander war kurz davor, auf der Stelle umzudrehen, doch eine Art verzweifelter Mut hinderte ihn in letzter Sekunde daran. Er fasste sich ein Herz, ging zu Marianna, küsste sie auf die Stirn, ganz so, wie er es sich zuvor ausgemalt hatte und setzte sich neben sie. Er nahm ihre Hand, hielt sie einen Augenblick fest und küsste sie, ganz so, wie er es in einem Film gesehen hatte. Marianna lächelte irgendwie, entzog ihm die Hand und stand auf. In Alexander wurde es still. Er sah ihr zu, wie sie eine Tasse aus dem Schrank holte, dampfenden Kaffee eingoss und die Tasse vor ihn stellte. Sie sagte immer noch nichts und er selbst war nicht in der Lage zu sprechen. Sein Hals war wie zugeschnürt. Ihr Verhalten irritierte ihn. Was war bloß mit ihr los? Hatte er etwas falsch gemacht? Schweigend starrte er in seine Tasse ohne sie jedoch anzurühren. Marianna hatte sich ihm gegenüber hingesetzt und widmete sich wieder ihrer Lektüre. Das unbehagliche Gefühl in ihm wurde stärker. Ein unsichtbarer, schmerzhafter Schatten kroch heran und ergoss sich über ihn. Tiefe Enttäuschung kroch emsig und mit tausend spitzen Krallen sein Rückgrat empor und hinterließ eine eiskalte Spur. Er hatte das Gefühl, in seinem Nacken säße dieses ekelhafte Ungeheuer, das farbenprächtig auf dem Umschlag des Heftchens, das Marianna sich vors Gesicht hielt, abgebildet war. Er holte tief Luft und nahm seinen ganzen Mut zusammen.
"Marianna, weißt Du, das mit Dir ... heute Nacht ... war so toll ... das war ... sehr ... aber ... ich dachte ..." Alexander sah verlegen zu Boden und wusste nicht, wie er seine Empfindungen in Worte kleiden sollte. Wie sollte er auch etwas erklären, das er selbst nicht verstand?
"Was?" fragte Marianna ziemlich brüsk. Ihr unbewegter Gesichtsausdruck sprach Bände. Er hatte leise und mit krächzender Stimme gesprochen, doch Marianna hatte mehr verstanden, als sie hätte hören wollen.
"Ich dachte ... ich weiß auch nicht ... Du bist so abweisend, beachtest mich nicht, als ob ... während ich ... also, ich ..." Seine Stimme drohte vollends zu versagen, aber dann riss er sich mit letzter Kraft zusammen, holte sehr, sehr tief Luft und sah Marianna mit verdächtig feuchten Augen an. "Ich ... ich möchte am liebsten immer mit Dir zusammen sein! Ich liebe Dich nämlich wirklich!"
Marianna sah ihn an und seufzte heimlich; etwas Ähnliches hatte sie fast schon befürchtet. Sie war gerührt, allerdings nur sehr wenig, denn sie wollte sich von seinen Worten auf gar keinen Fall beeindrucken lassen. Stumm sah sie ihn an.
"Marianna!" rief Alexander hastig, der zunehmend mehr verstand, als dass er hätte verstehen wollen. "Doch nicht so! Ich kann das nicht, so nur für eine Nacht. Ich will nicht nur ein Abenteuer für Dich sein, denn ..." er schluckte heftig. "Für mich bedeutet es einfach alles, mein ganzes Leben hat sich nun geändert, durch Dich, bitte, ich will nicht, dass das alles so gar nichts für Dich bedeutet. Fühlst Du es denn nicht auch? Du schiebst mich beiseite wie jemanden, der Dir bloß lästig ist, wie jemand, der überhaupt keine Bedeutung für Dich hat ... Bitte, Marianna, lass mich bei Dir bleiben. Ich ...!" Alexander brach ab und starrte verzweifelt auf den Boden. Fast hätte er angefangen zu weinen, aber er beherrschte sich. Er sah sie lediglich mit brennenden Augen an.
"Alex!" Marianna verlor nun doch die Fassung und versuchte auf die Schnelle, den richtigen Ton und die richtigen Worte zu finden. "Sag doch nicht sowas! Natürlich hat es mir auch etwas bedeutet. Es war ja auch sehr schön mit uns beiden. Aber, sieh mal, es müssen doch nicht gleich so große Worte gemacht werden, oder? Ok, für Dich ist es vielleicht wirklich was ganz Besonderes, weil ..." Sie hörte auf zu sprechen, da sie merkte wie er zusammenzuckte. Da habe ich wohl genau das Falsche gesagt, dachte sie und fuhr sich nervös mit der Hand durchs Haar.
Sie hat es gemerkt ... wie soll ich nur jemals wieder ... irgendwas, dachte Alexander und verknotete verschämt seine Finger.
"Sieh doch mal, wir kennen uns doch gar nicht. Es kann doch gut sein, dass wir, außer vielleicht im Bett, überhaupt nicht zueinander passen, uns überhaupt nichts zu sagen haben? Sieh doch mal, Du bist noch so ... so jung! ... Alex, ich will Dir wirklich nicht wehtun, aber bei mir ist es nun mal nicht die große Liebe, für sowas habe ich auch gar keine Zeit. ... Wir könnten doch ... Freunde werden ...?" Himmel, wie kläglich ist ein Freundschaftsangebot angesichts einer überschwänglichen Liebeserklärung, dachte sie einigermaßen entsetzt über sich selbst, was sie allerdings nicht daran hinderte, weiterhin dummes Zeug zu plappern. Was hätte sie auch sonst tun sollen? "Was Du noch alles für Chancen haben wirst ... wenn Du erstmal berühmt bist ...! Na ja, was meinst Du, alle werden sich um Dich reißen ...!" Sie bemerkte, dass auch ironische Scherzchen nicht das Richtige waren und nichts retten konnten. Seufzend stand sie auf und setzte sich neben ihn. Alexander hatte den Kopf in den Händen vergraben und machte einen unglaublich bedauernswerten Eindruck. "Ach, Alex. Das ist doch nicht der Weltuntergang“, beschwor sie ihn eindringlich. "Du kennst mich doch gar nicht, aber schon redest Du von Liebe und von immer & ewig. Du weißt doch überhaupt nicht, wer ich bin. Kannst Du das Ganze nicht einfach hinnehmen, wie es war? Ein schönes Erlebnis. Es war ja auch alles ganz wunderbar, aber willst Du nicht erstmal abwarten? Sieh mal, wir werden uns sowieso vielleicht jetzt sogar öfter sehen, wenn ... Nun ja ... Nach einmal miteinander schlafen kann man doch noch nicht von Liebe sprechen." Alexander saß stumm und bewegungsunfähig am Tisch und bedeckte die Augen mit seinen Händen. "Ich glaube nicht, dass mit uns auch nur irgendwas so wäre, wie Du Dir das jetzt vielleicht so vorstellst." Sie holte tief Luft und schloss für einen Moment die Augen. Sie war gerade erst aufgestanden und noch längst nicht wach. Sie wollte eigentlich nichts weiter, als in Ruhe ihr Aufwachritual durchziehen und hatte absolut kein Bedürfnis nach dramatischen Auftritten liebestoller Jünglinge. "Verliebt und mit verklärtem Blick durch die Gegend schmachten, das ist nichts für mich. Ich habe Wichtigeres zu tun, als meine Zeit mit Spaziergängen in lauschigen Parks zu verbringen!" Sie sah ihn nicht an, denn es war hart, was und wie sie es sagte und es tat ihr auch leid, doch sie konnte nicht aus ihrer Haut. Verlegen stand sie auf und werkelte an der Kaffeemaschine herum.
Marianna hatte ihn mit ihren Worten mehr getroffen, als sie ahnte. Nichts lieber als das hätte er getan. Hand in Hand auf einer Parkbank sitzen, so hätte er den Tag mit ihr verbringen wollen. Nun war mit einem Schlag alles so sinnlos geworden. Ihre unmissverständlichen Worte hatten seinen Traum vom großen Glück platzen lassen. Nichts blieb ihm, nur ein trostloser Scherbenhaufen. Er fühlte sich so leer, so ausgebrannt. Ich bedeute ihr nichts, hämmerte es in seinem Kopf und der Schmerz darüber zerriss ihm das Herz.
Marianna beobachtete ihn aufmerksam. Ein wenig wehmütig erinnerte sie sich an ihren ersten Liebeskummer. Schluss damit! rief sie sich energisch zur Ordnung. So war das eben! Alexander tat ihr leid, aber was sollte sie tun? Schuldgefühle wollte sie sich auf keinen Fall aufdrängen lassen, da musste er jetzt eben durch, so wie alle. Früher oder später trifft es schließlich jeden.
"Auf jeden Fall war es sehr schön mit Dir", sagte sie und hoffte, er würde nicht anfangen zu weinen. "Wir lassen jetzt erstmal ein bisschen Zeit vergehen, und Du wirst sehen, dass alles gar nicht so schlimm ist, wie es Dir jetzt erscheinen mag, und wer weiß, irgendwann wird es andere Frauen in Deinem Leben geben ... Du wirst dann merken, dass ... Was weiß ich. Du wirst mich sicher schon bald vergessen haben!"
"Niemals!" Alexander war aufgefahren und sah sie leidenschaftlich an. "Niemals werde ich Dich vergessen!" fügte er leise hinzu und senkte den Kopf. Marianna machte dem Drama kurzerhand ein erbarmungsloses Ende. "Komm, ich fahr' Dich jetzt nach Hause!" Sie stand auf und ging rasch in ihr Zimmer, um sich anzuziehen und die Autoschlüssel zu holen.

Alexander nickte automatisch und verließ die Küche ebenfalls. Im Bad ließ er sich kaltes Wasser über sein brennendes Gesicht laufen und starrte dumpf in den Spiegel. Sie wollte seine Liebe nicht. Er war ihr gleichgültig, ein nettes Abenteuer, nicht mehr. Und er ... Gequält rief er sich das Bild, das er in seiner unerfahrenen Begierde abgegeben haben musste, in Erinnerung und verzog angewidert sein Gesicht. Ein scharfer Schmerz, der tief aus seinem Inneren kam, schoss mit unglaublicher Wucht durch seinen Körper, so dass er sich am Waschbecken festhalten musste, um nicht zu fallen. Ein lautloser Schrei blieb ihm im Halse stecken. Seine Liebe war sinnlos. Er wollte Marianna nie mehr wiedersehen. Nie mehr! Nie wieder! Schluss! Aus! Vorbei! kaum dass es angefangen hatte. Ein einsames Dasein würde er fristen, einsam und ereignislos. Ein Dasein, dessen Stunden, Minuten und Sekunden ausgefüllt sein würden mit verzweifelter Sehnsucht nach Marianna. Niemals würde er sie vergessen. Das wusste Alexander in diesem Moment ganz genau. Niemals! Er hätte jetzt gerne geweint um seinem Herzen Luft zu machen, aber merkwürdigerweise blieben die Tränen aus. Da drehte er sich abrupt um und stürmte aus der Wohnung.

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